Sonntagabend kurz vor 23 Uhr, die neue Woche äugt schon unter dem Kalenderblatt hervor. Höchste Zeit unters Plümo (Plumeau, sagt der Duden) zu kriechen und genüsslich einschlafen und träumen. Oder doch nicht?
Eigentlich mag ich Morpheus, den alten Kauz, und unsere gemeinsamen Traum-Ausflüge. Wäre da nicht diese innere Unruhe. In der Hoffnung, Placebo möge walten, würge ich einen übelriechenden Baldrian-Dragee herunter …
Stunde eins: Nicht-wahrhaben-wollen
Um Zwölf Uhr knipse ich das Licht wieder an. Die Raumtemperatur liegt bei 18 Grad, das Körnerkissen wärmt den Rücken. Ideale Bedingungen, aber an einschlafen ist nicht zu denken. Morpheus bleibt fern. Mein Kopf ist hellwach und begrübelt das vergangene Wochenende, die kommende Woche, alles, was ich noch nicht geschafft habe und nicht schaffen werde. Tief durchatmen, ich kenne das Spiel: Die Nacht vor der Woche ist speziell. Aber warum nur?
Stunde zwei: Kontrollierte Phase
Schlaftrunken konsultiere ich das Internet und erfahre dort: So wie mir geht es rund der Hälfte aller Arbeitnehmer, bevorzugt Frauen. Ich bin also schlaflos in bester Gesellschaft. Durch das Dunkel der Nacht grüße ich alle Leidensgenossinnen. Dann lerne ich von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung DGSM, dass innere Unruhe, auch Stress genannt, häufig die Ursache von (Ein)Schlafproblemen ist. Was für eine Erkenntnis!
Stunde drei: Suchen und sich trennen
Im WWW finden sich viele Ratschläge gegen Schlafprobleme, auch Insomnia genannt: Im Bett nicht streiten. Keinen Kaffee vor dem Einschlafen. Bloß nicht auf die Uhr gucken, und überhaupt viel gesünder leben! Manch einer droht gar: Schlafmangel schädigt das Immunsystem, den Stoffwechsel, macht depressiv. Jetzt bin ich endgültig nervös, klappe den Laptop zu, lege mich auf die Couch und schaue ausgiebig auf die Uhr: 1.30.
Stunde vier: Anpassung
Die nächste Stunde vertreibe ich mir mit Atemübungen und Schäfchenzählen, schwitzen und Fenster öffnen, frieren und Fenster schließen. Was zum Henker hat denn früher noch gleich geholfen? Meine Gedanken werden immer konfuser, da fällt es mir ein: Loslassen. Ob Schlaf oder nicht, diese Nacht ist auch nur eine von 365 im Jahr. Und bislang hat noch jeder Tag neu angefangen, irgendwann.
Um 3 Uhr schaue ich zum letzten Mal auf die Uhr.
– Katrin Rosik