Corporate Books sind für Unternehmen und beauftragte Agenturen so eine Sache. Während Unternehmen möglichst viel PR hineinpressen wollen und Inhalte vorgeben, bleibt für Agenturen oft nur die reine Umsetzungsrolle. Dass es auch anders geht, zeigt das Sachbuch „Die Erfindung der Sicherheit“, das gerade im Verlag TÜV Media erschienen ist.
Corporate Books gibt es viele – ob anlässlich eines Firmenjubiläums, zur Ehrung eines verdienten Vorstandsmitglieds oder als Alternative zur klassischen Imagebroschüre. Ziel ist es, die Leistungen des Unternehmens oder des Jubilars herauszustellen und angemessen zu würdigen. Über das Buch-Vehikel sollen zudem PR-Botschaften möglichst bruchlos vermittelt werden. Dazu wird in der Regel eine Agentur beauftragt, die in jeder Projektphase vom Auftraggeber kontrolliert und gesteuert wird. Das Problem: Der Leserkreis beschränkt sich meist auf firmeninterne Zirkel, der Mehrwert der Publikation ist überschaubar. Bei dem im Verlag TÜV Media erschienen Buch „Die Erfindung der Sicherheit“ lief vieles anders.
Anlass für die Publikation war der 75. Geburtstag von Professor Bruno O. Braun, langjähriger Vorstandsvorsitzender des TÜV Rheinland – so weit, so üblich. Doch nach erfolgter Auftragserteilung hatte das weitere Procedere nicht mehr viel mit der typischen Kunde-Agentur-Beziehung zu tun. Von der Themenfindung über die Recherche bis zur Erstellung der Texte und zur Wahl der Illustratorin hatten wir als Autorinnen weitgehend freie Hand.
Anstelle nervenaufreibender Abstimmungs- und Freigabeprozesse setzte die Kommunikationsabteilung des TÜV Rheinland mit Hartmut Müller-Gerbes an der Spitze auf Vertrauen und die Qualität und Eigenständigkeit der Agentur. Und das, obwohl sich der Gegenstand des Buchs um das ureigene Geschäft des Unternehmens dreht – um die Sicherheit. Ins Leben gerufen, um die Betriebssicherheit von Dampfmaschinen zu überwachen, ist der TÜV Rheinland ja im Grunde genommen selbst eine „Sicherheitserfindung“.
Dass sich ein solches Vorgehen, das auf Vertrauen baut und auf Vorgaben verzichtet, am Ende auszahlt, zeigt das Ergebnis. Auf 180 Seiten nehmen die Autorinnen Silvia Brauner, Karin Thissen und Katrin Rosik ihre Leser mit auf eine detailreich recherchierte, abwechslungsreiche Reise durch die Geschichte der Sicherheit und erkunden dabei die vielfältigen Erfindungen, die das urmenschliche Streben nach Sicherheit hervorgebracht hat.
Sie zeigen aber auch, dass der Mensch nirgendwo ganz sicher ist und dass „Risiken unsere ständigen Begleiter sind“, wie der Philosoph Julian Nida-Rümelin im Gespräch mit Bruno Braun herausstellt. Keine noch so ausgeklügelte Erfindung kann hundertprozentige Sicherheit garantieren. Auch davon erzählt „Die Erfindung der Sicherheit”, geht dabei über die Risiken und Nebenwirkungen des technischen Fortschritts hinaus und beleuchtet auch die sozialen und psychologischen Implikationen von Sicherheit. Wobei die Autorinnen auch nicht davor zurückschrecken, einen Blick in eine unsichere Zukunft zu werfen. Einen Blick in eine Welt, in der Roboter als intelligente Wesen einen gleichberechtigten Platz neben uns beanspruchen könnten.
Am Ende des Buches aber steht nicht die Angst vor dem Unbekannten, sondern der Appell an die Gelassenheit und das Selbstbewusstsein jedes Einzelnen. Denn so paradox es klingen mag: Der Preis für mehr Sicherheit ist die Bereitschaft, ins Risiko zu gehen. Dieses sich Einlassen auf ein Thema – ohne Vorgaben und Vorbehalte – macht das Buch zu einer instruktiven und stellenweise auch amüsanten Lektüre – weit mehr als zwischen Buchdeckel gepresste PR.
Das Buch wurde exklusiv illustriert von der Düsseldorfer Künstlerin Elke Thesing und enthält eine großformatige Bildstrecke des renommierten Fotografen Thomas Ernsting.
Titel: „Die Erfindung der Sicherheit – Zehn Geniestreiche, die unser Leben verändert haben“; Herausgeber: TÜV Rheinland AG; Autorinnen: Silvia Brauner, Karin Thissen, Katrin Rosik; Verlag: TÜV Media GmbH, Köln; Umfang: 180 Seiten, Hardcover; Preis: 39,90 EUR; ISBN: 978-3-7406-0164-5