Eine Roboterarmee rollt durch eine zerstörte, menschenleere Stadt. In einem der Roboter wecken die vergilbten Weihnachtsplakate Neugier. Heimlich stellt er das Fest mit einem verstaubten Tannenbaum, zerfledderten Geschenken und Schaufensterpuppen nach. Doch irgendetwas fehlt. Menschen. – Inas Blog
So flüchtet der Roboter „bewaffnet“ mit einem Weihnachtsstern aus der Stadt in die Berge … und stößt schließlich im winterlichen Wald auf eine Familie, die ihn in ihr Haus einlädt. Und beim Weihnachtsessen wird dem Roboter (und uns) endlich sprichwörtlich warm ums Herz. Denn: „Ohne Liebe ist Weihnachten auch nur ein Fest.“
Nein, dieser knapp vier Minuten lange Film ist keine Disney-Kurzproduktion, sondern der neue Weihnachtswerbespot von Edeka. Denn genauso, wie wir Weihnachtsgeschichten vorlesen, wollen Unternehmen Geschichten erzählen. Diese Art des Erzählens nahm ihren Anfang in Amerika und ist auch bei uns längst keine Seltenheit mehr.
Wenn Roboter zu griechischen Helden werden
„Storytelling“ nennt sich die Methode, Inhalte als Geschichte zu verpacken. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, ein Storytelling-Paket zu schnüren. In unserer Robotergeschichte wurde als Basis die klassische „Heldenreise“ gewählt. Zahllose Bücher und auch Kinofilme verlaufen nach diesem Schema, das der amerikanische Mythenforschers Joseph Campbell erstmals beschrieben hat. Archetyp des Helden und seiner Reise ist übrigens Odysseus.
Ein Hauptbestandteil dieser Geschichte ist, wie der Name schon sagt, der Held. Er durchlebt einen Konflikt und muss auf seiner Reise Abenteuer bestehen. Auch in vielen aktuellen Werbespots findet sich dieses alte, klassische Motiv. In unserem Beispiel ist eben der Roboter der Held. Er flüchtet aus der Einsamkeit und Gleichheit, um nach dem Fest der Liebe zu suchen. Wie die Menschen strebt auch er nach Liebe und Gemeinschaft. Da schließt sich der Kreis zu Weihnachten. Und zu den eigenen Gefühlen. Und zum werbenden Unternehmen.
Emotion zählt … und eine Prise Humor
Sicherheit, Stabilität, Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung. Das alles sind Grundbedürfnisse, mit denen Unternehmen ihre Kampagnen bzw. Geschichten emotional aufladen. Man denke nur an den Sport: Nike will mit „Just Do It“ dazu motivieren, individuelle „Greatness“ zu erreichen und sich außerdem „Limits“ zu setzen.
Unternehmen, die Storytelling nutzen, stellen damit nicht mehr sich selbst in den Vordergrund, sondern ihre/eine Botschaft. Sie wollen zum Enabler werden, zum Unterstützer, der seine Kunden zu besonderen Leistungen verhelfen kann. Nike verkauft nicht einfach Laufhosen wie die von Usain Bolt. Nike verkauft Laufhosen, mit denen die Kunden so schnell rennen können wie Usain Bolt.
Dabei beweisen Unternehmen auch durchaus Humor und oftmals ein Händchen für aktuelle Themen. Edeka nimmt in seiner diesjährigen Weihnachtskampagne die Künstliche Intelligenz mit auf – ein durchaus gesellschaftsrelevantes Thema. Und wenn der Roboter mit seinen Magnethänden Gabeln durch die Gegend wirbelt, bringt er die Zuschauer mindestens zum Schmunzeln.
Love made by PR
Für die Unternehmen ist Storytelling die optimale Gelegenheit, sich in die Köpfe der Kunden zu schleichen, ohne dabei aber zu aufdringlich zu wirken. Gerade Weihnachtsgeschichten bieten sich dafür an, denn das Storytelling kann emotional stark aufgeladen sein und sorgt dabei für kurzweilige Unterhaltung. Und nebenbei: Ist es nicht schön, an den Grundgedanken der Weihnachtszeit erinnert zu werden (Liebe, Gemeinschaft, Teilen)? Selbst wenn PR und Marketing dahinterstecken.
Für alle, die sich noch ein bisschen mehr unterhalten lassen wollen, hier meine Top 3 Weihnachtskampagnen. Allen anderen wünsche ich schon jetzt fröhliche Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2018!
1: John Lewis‘ #BusterTheBoxer (2016)
3: John Lewis‘ #MozTheMonster (2017)
Zur Autorin:
Ina Mangold studiert Public Relations an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Für den blue satellite Blog berichtet sie regelmäßig über aktuelle Forschungsergebnisse in Kommunikation, PR und Journalismus.